"Wenn ich das Vaterunser bete, bin ich nicht allein"

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"Wenn ich das Vaterunser bete, bin ich nicht allein"

Kirchen öffnen in Bochum für die "Stille Einkehr"

Einzeln, aber nicht allein bei Gott: Besucher in der St.-Vinzentius-Kirche in Harpen im Gebet versunken. Darunter Annemarie Thomes (r.).

 

Gottesdienste als Veranstaltungen finden aufgrund der Coronavirus-Pandemie seit Mitte März nicht mehr statt. Die Gemeinden öffnen gleichwohl ihre Kirchen für einzelne Gemeindemitglieder oder auch Familien. Die Formen dieser "Stillen Einkehr" reichen dabei vom Gebet, dem Bereitstellen von Gesangbüchern oder der Altarbibel, über das Anzünden von Kerzen bis hin zu Kurzandachten zum Lesen. Das zeigte eine kleine Rundreise durch einzelne Gemeinden.


Die wichtigsten Botschaften heißen dabei: Kein Gemeindemitglied soll zu den gewohnten sonntäglichen Gottesdienstzeiten vor verschlossenen Kirchentüren stehen. In diesen außergewöhnlichen Zeiten bedeutet Nähe und Gemeinschaft geben voneinander Distanz halten, um sich möglichst nicht gegenseitig mit dem Virus anzustecken. Freundliche Worte und Gesten sowie ein Lachen füreinander ersetzen das. Für die Seelsorge sind die Pfarrerinnen und Pfarrer vor Ort. Natürlich mit Abstand.

Barbara-Kapelle im Gemeinde-Bezirk Hamme-Hordel: Zur inneren Ruhe kommen, den Blick in den Park hinter der ökumenisch genutzten Gottesdienststätte der katholischen Gemeinde Nikolaus von Flue (Pfarrei "St. Peter und Paul Propstei") genießen, heißt es dort. Pfarrerin Diana Klöpper will Mut machen gegen die derzeitige Verunsicherung. Ein schriftlich ausgelegter Bibelvers des Apostels Paulus, den sie kommentiert, bringt es auf den Punkt: "Gott hat uns nicht gegeben einen Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit (2. Tim 1,7)." Weitere Aktivitäten der Gesamtgemeinde - auch über das Internet - sollen folgen.

St.-Vinzentius-Kirche in Harpen:. Die offene Kirche wird ein Ort der Besinnung. Gebetskarten liegen aus und es besteht die Möglichkeit, vor dem mittelalterlichen Altar eine Kerze anzuzünden. "Unser Kirchenbau hat in den 1000 Jahren seines Bestehens viele Krisen durchgestanden. Wer still wird, dem erzählt sie ganz viel davon", ermutigt Pfarrer Michael Dettmann. Er und Pfarrerin Christine Jung-Borutta stehen zum Einzelgespräch bereit für die Menschen, die gekommen sind.

Michael-Kirche in Langendreer: Pfarrer Thomas Vogtmann öffnet die Kirche zur "Inneren Einkehr". "Wir wollen den Ort offen halten und darüber miteinander in Verbindung bleiben. Am Ende werde ich deshalb auch ein Fürbittengebet für die Gemeinde sprechen", erzählt er. Klassische Musik erklingt leise im Hintergrund, das Vaterunser und das Kirchengesangbuch liegen aus. Die Besucher, die kommen, zünden eine Kerze an. Abends um 19.30 Uhr stellt Vogtmann eine brennende Kerze zu Hause ins Fenster. "Bei einer Reihe von Nachbarn sehe ich auch dieses Licht", freut er sich.

Evangelische Kirche in Werne: "Wir öffnen hier ökumenisch", berichtet Pfarrerin Gisela Estel. Für die Besucherinnen und Besucher aus dem Stadtteil liegen ein "Ökumenisches Gebet" und eine schriftliche Kurzandacht zum Sonntag aus. Wer möchte kann den dazugehörigen Psalm 84 in der ausgestellten Altarbibel lesen und eine Kerze anzünden. "Wir bieten hier einen Ort, um Kraft zu tanken, in einem vom Coronavirus bestimmten Alltag", betont Estel. Sie sieht, dass die Botschaft ankommt: "Die Leute sind sehr betroffen und gerührt."

"Ich finde es wichtig, dass Kirche in den aktuellen Zeiten auf diese Weise präsent ist", ist die Besucherreaktion von Uwe Vogt in der Michaelkirche. Er sucht das stille Gebet im modernen Kirchenbau. "Das hilft mir sehr, weil die Zwiesprache mit Gott zu meinem Leben gehört", sagt er. Annemarie Thomes ist diese Einkehr in der St.-Vinzentius-Kirche ebenfalls wichtig. "Ich sitze gerne in der Kirche. Das gibt mir Geborgenheit", erklärt die gebürtige Niederländerin: "Wenn ich dort das Vaterunser bete weiß ich, dass ich nicht allein bin."

Fritz-Wicho Herrmann-Kümper

Gesangbücher liegen bereit für die Besucherinnen und Besucher in der Michaelkirche in Langendreer.Fotos: Fritz-Wicho Herrmann-Kümper

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