Kirche: Im Alltag Zeichen setzen gegen Antisemitismus

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Kirche: Im Alltag Zeichen setzen gegen Antisemitismus

Superintendent Gerald Hagmann zur Zerstörung der Figuren jüdischer Sportler in der Innenstadt

Superintendent Gerald Hagmann. Foto: KK

Superintendent Gerald Hagmann von der Evangelischen Kirche in Bochum hat in einer öffentlichen Erklärung klar Stellung zur Zerstörung der Figuren jüdischer Sportlerinnen und Sportler in der Bochumer Innenstadt gezogen. Die Figuren waren Teil der Ausstellung "Zwischen Erfolg und Verfolgung -  Jüdische Stars im deutschen Sport bis 1933 und danach".


Die Erklärung im Wortlaut:


In der Nacht vom 9. auf den 10. November wurde die Synagoge in Bochum verwüstet, dann niedergebrannt. Das war 1938, es ist ein Menschenleben her. In der Nacht vom 9. auf den 10. November dieses Jahres wurden zwei lebensgroße Figuren in Bochum beschmiert, dann zerstört. Sie standen etwa da, wo die Alte Synagoge stand und waren Teil einer Ausstellung, die erfolgreiche Sportler zeigt, erfolgreiche jüdische Sportlerinnen und Sportler.

Zwischen den beiden Nächten liegen 82 Jahre. Wir lernen in diesen Tagen einmal wieder, wie Antisemitismus funktioniert: Jüdinnen und Juden werden nicht nur angegriffen, wenn es um Religion geht, sondern auch, wenn es um Sport geht. Oder um Kultur. Um Wirtschaft. Oder Politik. Oder um Verschwörungen.

Das war so vor 82 Jahren und so ist es heute. Antisemitismus funktioniert so. Unsere Vergangenheit ist ihm Anlass, unsere Gegenwart zu zerstören. Unsere Gegenwart ist ihm Anlass, unsere Erinnerung zu zerstören. Unsere Erinnerung ist ihm Anlass, unsere Zukunft zu zerstören. Doch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lassen sich nicht so einfach zerstören wie Plexiglas, weder sie, die Vergangenheit, noch sie, die Gegenwart, noch sie, die Zukunft.

Wir müssen Antisemitismus bekämpfen und nicht nur analysieren, wenn wir deutlich machen wollen, dass dies kein neues 1938 ist. Auch kein neues 1933, sondern unser 2020. In den letzten Tagen jedenfalls haben mich viele Stimmen erreicht, die mich fragten, was wir jetzt tun könnten. Was mir klar geworden ist: Es ist gerade nicht die Zeit für große Demos, auch nicht für einen Menschenring um die Synagoge, wie wir ihn zuletzt nach dem Attentat in Halle gebildet haben.

Jede und Jeder kann im Alltag Zeichen setzen. Keine Judenwitze weglächeln, keine Verschwörungstheorien dulden. Auch und gerade nicht in den sozialen Netzwerken. Und: Keinen Israel-Boykott beklatschen. Es kann sehr einfach sein, Zeichen zu setzen: Einander wahrnehmen und Respekt voreinander zeigen. Die fantastischen Werte erkennen und benennen, die Jüdinnen und Juden in unsere Stadt gebracht haben.

Da gibt es die bekannten, wie den Bochumer Fußballer Erich Gottschalk, der als Kapitän die Mannschaft Schild Bochum zum Deutschen Fußballmeister gemacht hat. Im Jahr 1938. Oder den Oberbürgermeister Dr. Otto Ruer, der in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts auch durch den Bau unseres Rathauses Stadtgeschichte geschrieben hat, bevor er von den Nazis in den Suizid getrieben wurde. Und auch die vielen, vielen unbekannten Jüdinnen und Juden, denen unsere Stadt so viel zu verdanken hat. Denen wir so viel zu verdanken haben!

Zu verdanken hat unsere Stadt der jüdischen Gemeinde übrigens auch ein schönes kleines Restaurant, in dem es – wenn nicht gerade ein Lockdown ist – die jiddische Küche zu schmecken und zu erleben gibt. So lässt sich ganz genussvoll bei einer Tasse Kaffee und einem Fluden ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen."

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